Studien-Design und Analysen

Zur Untersuchung der Kompetenz für das Online-Lernen – COR – und der Quellen, auf die Studierende beim Lernen und Lösen von COR-Aufgaben - Online-IL - zugreifen, setzt die Forschungsgruppe (FOR) auf einen neuartigen interdisziplinären methodenintegrativen Ansatz.

Zur Untersuchung des COR-Niveaus der Studierenden, dessen Entwicklung im Laufe des Studiums und wichtiger Kovariate, erfasst und analysiert die FOR folgende multimodalen Daten:

(1) den soziodemografischen Hintergrund und die Lernmerkmale der Studierenden (z. B. Vorwissen, allgemeine intellektuelle Fähigkeiten, Lesefähigkeiten, epistemologische Überzeugungen),

(2) das Web-Verhalten und die Informationsverarbeitung der Studierenden (Logdaten einschließlich aller Suchaktivitäten, die während des COR-Aufgabenlöseprozesses gesammelt wurden),

(3) die Online-Quellen und -Inhalte, auf die Studierende zugreifen, auswählen und für die Lösung der COR-Aufgaben verwenden,

(4) die besuchten Lernangebote im Studium (z. B. Vorlesungen) und die allgemeine (Online-)Mediennutzung, und

(5) hochschulische Lernerfolgsindikatoren, einschließlich der Entwicklung des Domänenwissens (in Fachwissenstests) und der Noten im Hochschulstudium.

Um COR sowie Online-Informationsumgebungen in repräsentativen Studienfächern zu untersuchen, wurden zwei große und beliebte Studienfächer ausgewählt: Medizin und Wirtschaftswissenschaften.

Entsprechend wird die COR-Leistung in GEN- und DOM-COR-Aufgaben in den Wirtschaftswissenschaften (Econ) und der Medizin (Med) bei Studierenden dieser Fachrichtungen untersucht.

Um die erwarteten domänenspezifischen Auswirkungen zu untersuchen, werden Studierende der Soziologie (Soc) und der Physik (Phys) als Vergleichsgruppen einbezogen.

Zur validen Messung der COR-Fähigkeiten in offenen (d. h. realen Internetbasierten) und geschlossenen (d. h. Internetähnlichen Simulationen) szenario-basierten Aufgaben werden die Studierenden in eine realistische Situation versetzt und aufgefordert, eine konstruierte oder reale studienbezogene Aufgabe unter Verwendung des Internets oder einer Internetähnlichen Simulation zu lösen.

Jede COR-Aufgabe basiert auf der gemeinsamen konzeptionellen Assessment-Taxonomie und umfasst eine Vielzahl von Verhaltensindikatoren, die entsprechend der Taxonomie wie folgt gegliedert sind:

(a) nach den drei COR-Facetten (OIA, CIE, REAS);

(b) nach den drei Entwicklungsstufen (grundlegend, fortgeschritten, kompetent), basierend auf dem Modell des Domänenlernens (MDL von Alexander, 2004) und spezifiziert für die Erhebung von DOM-COR;

(c) nach den drei Anforderungskontexten (Grundlagen-bezogenes DOM-COR, praxisbezogenes wirtschaftliches/medizinisches DOM-COR, transdisziplinäres DOM-COR).

Vorerhebung

Die COR-Fähigkeiten wurden bei Studienanfänger:innen zu Beginn des Wintersemesters 2023 erfasst.

Insgesamt 2.500 Studierende (2.200 im 1. Fachsemester) nahmen zwischen dem 10. Oktober und dem 4. November anfänglich an sieben Hochschulen in Deutschland an der anfänglichen Vollerhebung teil.

Von den 2.500 Studierenden waren 1.400 in den Studiengängen Wirtschaft und Soziologie, 800 in Medizin und Physik und 300 in anderen Fächern eingeschrieben.

Die Studierenden wurden gebeten, die 15-minütige Umfrage während der Einführungsveranstaltungen auszufüllen. Die Umfrage wurde online mit dem Unipark-Umfragetool durchgeführt. Die Studierenden konnten über ihre eigenen Geräte darauf zugreifen.

Im Rahmen des Längsschnittstudiendesigns werden an nunmehr teilnehmenden Hochschulen bundesweit zu vier Messzeitpunkten im Jahresabstand Erhebungen durchgeführt.

Die erste Messung fand im Wintersemester 2023 (t0) mit Studienanfänger:innen in den vier Fachbereichen Wirtschaft, Medizin, Soziologie und Physik statt. Die Panelstudie begleitet sie während ihres gesamten Bachelor bzw. vorklinischen Studiums.

Die Einladungen zur t0-Erhebung wurden Anfang Dezember an alle Probanden aus der Vorerhebung versandt und die Datenerfassung wurde Ende Januar abgeschlossen.

Die Studierenden erhielten zum Lösen der Internetbasierten Aufgaben einen Login zu einer virtuellen Maschine, die zur Aufzeichnung der Prozessdaten verwendet wurde. Die Teilnehmenden konnten von zu Hause aus an ihren eigenen Computern oder Laptops arbeiten und durften während der mehrstündigen Tests Pausen zwischen den Aufgaben einlegen. Insgesamt nahmen 455 Studierende an der Studie teil (250 aus den Fächern Wirtschaft und Soziologie und 170 aus Medizin und Physik).

Weitere (Teil)Studien

In experimentellen Studien mit kleineren Stichproben (N=20 pro Domäne) und in zusätzlichen Studien (z. B. zur Berücksichtigung der Nutzung von KI-Chatbots wie werden detaillierte Analysen der COR-Aufgabenlöseprozesse erforscht.

 

Die Analysen der FOR konzentrieren sich

(1) auf den COR-Prozess und die COR-Leistung der Studierenden

(2) auf die Informationslandschaft (IL), auf die Studierende bei der Internetnutzung treffen. Beim Lösen von COR-Aufgaben im Internet werden alle besuchten und genutzten Quellen aufgezeichnet und in einem gemeinsamen Datenkorpus gespeichert. FOR analysiert die Merkmale der von Studierenden aufgerufenen Hauptquellen, die als Grundlage zur Beantwortung der COR-Aufgabe dienen. Dabei sollen die Merkmale identifiziert werden, von denen ausgegangen wird, dass sie maßgeblich zur Entscheidung der Studierenden beitragen, eine Quelle und deren Informationsgehalt als vertrauenswürdig einzustufen. Dies können z.B. Eigenschaften wie Verständlichkeit, Richtigkeit, von Autor:innen vermittelte Zuversicht, positive oder negative Haltung, Hinweise auf (hohe/niedrige) Glaubwürdigkeit, Inhaltsmenge, Voreingenommenheit oder tendenziöse Information usw. sein.

Für die jeweiligen Themenbereiche und die Bandbreite der erfassten Quellen werden Kodierungshandbücher erstellt. Die Forschungsansätze reichen von der qualitativen Inhaltskodierung von Medienprodukten über qualitative typologische und quantitative computergestützte linguistische Analysen bis hin zu qualitativen Analysen von narrativen Strukturen wie Metaphern und Rekonstruktion latenter Bedeutungen.

Die Prozess-Analysen, von der Think-Aloud-Methode über Eye-Tracking auf spezifischen Webseiten bis hin zu Logdaten-Analysen, zielen während der Aufgabenlösung darauf ab, Prozessindikatoren für (nicht) erfolgreiche COR-Leistung aufzudecken.

Integrative projektübergreifende Analysen sollen übergreifende Muster (nicht) erfolgreicher Leistung und Zusammenhänge der COR-Entwicklung mit Einflussvariablen sowie mit Lernergebnissen im Studium in diesem multimodalen Datensatz aufdecken.

Ergebnisse

Die Analysen in der FOR bieten eine notwendige Grundlage für die Verbesserung von Lernmaterialien und der praxisbezogenen Förderung im Hochschulbereich sowie für die Gestaltung von Lehrplattformen, die die Potentiale und Risiken des Lernens in Online-Umgebungen adressieren.

Die Ergebnisse aus der ersten Forschungsphase (2023–2027) sollen in der zweiten Phase verwendet werden, um innovative Lehr-Lern-Maßnahmen zu erarbeiten, die Hochschulstudierenden bei der Entwicklung ihrer COR-Fähigkeiten helfen sollen, die sie für die Beschaffung von Online-Informationen, deren kritischen Bewertung und Nutzung im Hochschulstudium benötigen.

Diese Formate sollen die Hochschulen darin unterstützen, sich an den stetig zunehmenden Trend des Online-Lernens anzupassen und ihren Bildungsauftrag im Informationszeitalter erfolgreich zu erfüllen.