Konzeptioneller Forschungsrahmen

Online-Informationslandschaft

In CORE wird die Online-Informationslandschaft (IL) untersucht, die konzeptionell alle im World Wide Web zugänglichen Quellen und Inhalte umfasst, mit forschungspraktischem Fokus auf den erfassten Ausschnitt der IL, die Studierende für ihr Studium sowie zur Lösung von COR-Aufgaben nutzen.

Die uneingeschränkte Internetrecherche von Studierenden zu einem domänenspezifischen oder generischen Thema wird in Echtzeit aufgezeichnet. Dabei werden auch Daten darüber gesammelt, auf welche Internetquellen während der Suche zugegriffen wird und welche Merkmale diese haben, z. B. Domäne, Modalität, Genre, Qualität. Solche Merkmale könnten die Nutzung von Online-Informationen entscheidend beeinflussen, wobei die Online-IL nur selten für Bildungszwecke untersucht wurde.

Um dieses Forschungsdesiderat zu adressieren, wurde das Rahmenkonzept der IL in CORE auf Grundlage mehrerer Theorien zur Analyse der zentralen Merkmale von Online-Quellen entwickelt. Dies umfasst die Analyse von

  • Korrektheit und Verständlichkeit des Inhalts anhand von Bewertungskriterien etablierter kommunikationswissenschaftlicher Theorien, wie z. B. der Medienbeeinflussung (siehe Projekt B04);
  • sprachlichen Merkmalen der Quellen anhand von Texttheorien und kognitiver Linguistik (siehe Projekt B05);
  • narrativen Framings und latenten Bedeutungsstrukturen anhand von Theorien der Narratologie und der rekonstruktiven Hermeneutik (siehe Projekt B06).

 

Critical Online Reasoning

Die Studierenden müssen spezifische Fähigkeiten anwenden, um fundiertes Wissen aus der Online-IL zu erwerben.zu gewinnen. Die CORE-Forschung basiert auf einem integrativen theoretisch-konzeptionellen Rahmen zur Modellierung und Erfassung dieser Fähigkeiten: Critical Online Reasoning (COR).

COR besteht aus drei überlappenden kognitiven Facetten:

(1) Fähigkeiten zur Online-Informationsbeschaffung (OIA), z. B. die Auswahl von Suchmaschinen oder Datenbanken und die Formulierung von Suchanfragen;

(2) Fähigkeiten zur kritischen Informationsbewertung (CIE), z. B. die Bewertung der Glaubwürdigkeit einer Webseite anhand von erkannten Qualitätsmerkmalen;

(3) Fähigkeiten zum Schlussfolgern mit Belegen, Argumenten und Synthese (REAS-Fähigkeiten), z. B. die Verwendung von Fakten aus den Quellen, um ein stichhaltiges Argument zu entwickeln und zu begründen, einschließlich der Berücksichtigung und Gewichtung der (teils widersprüchlichen) Argumente und (verdeckten) Perspektiven aus (teilweise einander widersprechenden) Informationsquellen.

 

Die metakognitiven Fähigkeiten (MCA) regeln die situationsspezifische Aktivierung, Aufrechterhaltung und Beendigung von COR-Prozessen im situativen Informationsbeschaffungskontext, z.B. das Erkennen der Notwendigkeit, COR in Lernkontexten einzusetzen, um z.B. ein Informationsproblem zu lösen.

Das COR-Konzept orientiert sich an Prozess- und Phasenmodellen der (Online-)Informationssuche, -auswahl und -bewertung, insbesondere an dem Modell des „Information problem-solving on the Internet (IPS-I)“ (Informationsprobleme Lösen im Internet) (Brand-Gruwel et al., 2009), und es bezieht Erkenntnisse z. B. über Hinweise in Quellen aus der verwandten Forschung zur Glaubwürdigkeit im Internet („Web Credibility“, z.B. Wierzbicki, 2018) und zum Verstehen multipler Quellen („Multiple-Source Comprehension“, MSU, Braasch et al., 2018) ein.

 

Auf der Grundlage einer Review-Studie (Zlatkin-Troitschanskaia, Hartig et al., 2021) wurde eine Taxonomie für das Online-Lernen von Studierenden entwickelt, die sich auf den Wissenserwerb aus Internetquellen konzentriert.

Die Taxonomie beschreibt die typischen Situationen, in denen Studierende das Internet nutzen: (1) die Internetnutzung bei spezifischen studienbezogenen Aufgaben innerhalb eines Studienfaches, wie z.B. die Erstellung eines Diagnoseplans in der Medizin.

(2) im fachübergreifenden Bereich, der breitere Themen wie Diskussionsforen zum Klimawandel umfasst.

In CORE werden daher zwei typische Anwendungskontexte von COR unterschieden:

  • Alltägliche Situationen im Studium ohne Bezug zu einer bestimmten Domäne sowie
  • domänenspezifische Situationen.

Da Hochschulstudierende sowohl mit domänenspezifischen als auch mit domänenunabhängigen Anforderungen konfrontiert sind, werden in CORE die beiden Kontexte fokussiert.

Im generischen Kontext (z.B. im Zusammenhang mit dem täglichen Leben) wird COR als GEN-COR und im domänenspezifischen Kontext als DOM-COR bezeichnet.

Um diese verschiedene Anwendungskontexte zu untersuchen, werden den Studierenden entsprechende Aufgaben gestellt, die im realen Internet oder in Internetähnlichen Simulationen zu lösen sind.